Die Insel Riems gehört zu den geheimnisvollsten Orten Deutschlands. Sie liegt im Greifswalder Bodden, zwischen der Insel Rügen und dem Festland, und ist nur über einen schmalen Damm mit der Außenwelt verbunden. Trotz ihrer idyllischen Lage ist sie für die Öffentlichkeit unzugänglich. Der Grund: Hier befindet sich das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), eines der weltweit führenden Forschungszentren für Tierseuchen. Riems ist nicht nur ein Hochsicherheitslabor, sondern auch ein bedeutender Standort für die Wissenschaft – doch birgt sie auch Gefahren?
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Die Geschichte der Insel Riems
Riems hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Bereits im Mittelalter wurde sie urkundlich erwähnt und gehörte über Jahrhunderte zur Hansestadt Greifswald. Ihren heutigen Status als Hochsicherheitsinsel erhielt sie jedoch erst Anfang des 20. Jahrhunderts, als der Virologe Friedrich Loeffler hier ein Forschungsinstitut gründete. Sein Ziel war es, gefährliche Tierseuchen wie die Maul- und Klauenseuche zu erforschen und Methoden zur Bekämpfung zu entwickeln. Während der DDR-Zeit wurde die Insel für geheime Forschungsprojekte genutzt, bevor sie nach der Wiedervereinigung in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland überging. Heute gehört sie zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Warum ist Riems für die Öffentlichkeit gesperrt?
Die strenge Abschottung der Insel hat einen guten Grund: Im Friedrich-Loeffler-Institut werden hochgefährliche Krankheitserreger untersucht, darunter Viren, die für Tiere und teilweise auch für Menschen eine Bedrohung darstellen. Ein unkontrolliertes Entweichen dieser Erreger könnte fatale Folgen haben. Deshalb unterliegt die Insel höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Besucher haben keine Chance, sich frei auf Riems zu bewegen. Nur autorisierte Wissenschaftler und Mitarbeiter erhalten Zugang – und das nur unter strengsten Sicherheitsauflagen.
Welche Viren werden auf Riems erforscht?
Das FLI auf Riems beschäftigt sich mit einer Vielzahl von gefährlichen Krankheitserregern. Besonders im Fokus stehen:
- Maul- und Klauenseuche (Foot-and-Mouth Disease Virus, FMDV)
- Afrikanische Schweinepest (African Swine Fever Virus, ASFV)
- Vogelgrippe (H5N1, H5N8)
- Tollwut-Virus (Rabies Virus, RABV)
- West-Nil-Virus (West Nile Virus, WNV)
- Nipah-Virus (NiV)
- Hendra-Virus (HeV)
- Klassische Schweinepest (Classical Swine Fever Virus, CSFV)
- Blauzungenkrankheit-Virus (Bluetongue Virus, BTV)
Hochspezialisierte Labore ermöglichen es den Forschern, die Erreger sicher zu analysieren und Impfstoffe sowie Bekämpfungsstrategien zu entwickeln. Die Forschung auf Riems ist für die Landwirtschaft von unschätzbarem Wert, da sie dazu beiträgt, Epidemien frühzeitig zu erkennen und einzudämmen.
Ist die Insel eine Gefahr für Deutschland?
Auf den ersten Blick klingt es beängstigend: eine kleine Insel, abgeschottet von der Außenwelt, auf der mit gefährlichen Viren experimentiert wird. Doch in Wahrheit ist Riems einer der sichersten Orte, an denen solche Forschungen stattfinden können. Die Labore sind mit modernsten Sicherheitsmaßnahmen ausgestattet. Hochsicherheitsbereiche mit Unterdrucksystemen verhindern, dass Viren nach außen gelangen. Strenge Desinfektionsprotokolle und mehrstufige Zugangskontrollen sorgen dafür, dass kein Erreger in die Umwelt entweicht. Die isolierte Lage der Insel bietet einen zusätzlichen Schutz, denn selbst im unwahrscheinlichen Fall eines Laborunfalls wäre eine unkontrollierte Ausbreitung auf das Festland kaum möglich.
Warum braucht Deutschland die Forschung auf Riems?
Die Forschung auf Riems ist von enormer Bedeutung. Tierseuchen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung dar. Ohne eine intensive Erforschung dieser Erreger könnten sich Krankheiten unkontrolliert ausbreiten und ganze Wirtschaftszweige in Gefahr bringen. Zudem gibt es immer wieder Fälle, in denen sich Tierkrankheiten auf den Menschen übertragen – sogenannte Zoonosen. Die Wissenschaftler auf Riems arbeiten daran, solche Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu entwickeln, um Pandemien zu verhindern. Die Bedeutung solcher Forschungsstätten wurde spätestens mit der COVID-19-Pandemie weltweit deutlich.
Riems mag für Außenstehende wie eine abgeschottete Insel voller Gefahren wirken, doch in Wirklichkeit ist sie ein unverzichtbarer Bestandteil der weltweiten Seuchenforschung. Die Kombination aus isolierter Lage, modernster Technologie und hochqualifizierten Wissenschaftlern soll die Insel zu einem der sichersten Orte für die Erforschung hochinfektiöser Krankheiten machen.